Als Videojournalist mit der NATO unterwegs

Ich erinnere mich noch gut an die Manöver der Briten im Sauerland. In den 80er und 90er Jahren waren die militärischen Übungen etwas Regelmäßiges. Nicht nur bei uns vor der Tür wurden sie dann immer seltener, selbst auf NATO-Ebene sind Großübungen rar geworden. Wozu auch noch Krieg spielen, wenn die Realität in Afghanistan oder Lybien Training genug bietet. Weil die ISAF-Mission in Afghanistan im kommenden Jahr aber weitgehend auslaufen wird, will die NATO nun wieder mehr üben. Nach sieben Jahren zog sie jetzt in ein größeres Manöver. Für die DW war ich bei Steadfast Jazz 2013 in Riga und Swidwin als Videojournalist dabei; und kam schnell an meine Grenzen.

Der Bericht war nur möglich, weil ich auf Videomaterial der NATO zurückgreifen konnte. Während ich im mobilen Hauptquartier in der Nähe von Riga noch selbst gut filmen konnte, änderte sich die Lage in Polen. Auf einem Truppenübungsplatz spielten die Truppen eine Schlacht mit teils scharfer Munition nach. Und weil der Sicherheitsabstand zu groß war, kam mein Zoom der EX3 an seine Grenzen. Aber ich konzentrierte mich dann mehr auf Interviews und konnte so dann dem Beitrag doch noch eine eigene Note geben. Um den Rechts-Links-Wechsel bei den Interviews vor allem von der rechten Seite der Kamera gut zu kontrollieren, hatte ich bislang immer meinen Marshall-Monitor ans Stativ geschraubt. Diesmal habe ich ihn erstmals mit einem längeren BNC-Kabel angeschlossen und in der Hand gehalten. Fazit: Besser als am Stativ!

In der Postproduktion zeichnete sich allerdings noch ein anderes Problem ab: Die unterschiedlichen Formate des NATO-Materials. Die Clips wurden von verschiedenen Dienstleistern auf einem FTP-Server eingestellt, leider auch in verschiedenen Formaten. .mov, .wmv, .avi, mpeg2 – ein buntes Potpourri – und nicht alle Formate werden von Final Cut X gelesen. Also begann die Suche nach Konvertern. Nebem dem bewährten MPEGStreamclip verwendete ich auch noch Avidemux 2.6. Damit klappte zwar die Umwandlung fast komplett (außer bei der .wmv), doch kostete es unnötig Zeit. Sollte ich einmal in die Situation geraten, Footage aus mehreren Quellen koordinieren zu müssen, gäbe es klare Ansagen zum Format.

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14 Tage nach Chile

Es geht wieder einmal nach Chile, im Gepäck eine Reihe von Aufträgen, die diese Produktion überhaupt erst möglich machen. Schließlich sind die Fixkosten durch den Flug und nötige Inlandsflüge sowie die Producerin zu hoch für eine einzige Geschichte.

Am Ende dreht sich alles um drei zentrale Themen: 1. Die Bilanz ein Jahr nach dem schweren Erdbeben, 2. Der Kupferbergbau im Norden und 3. ein Besuch bei zwei der geretteten Bergleute. Die Reportage zum Erdbeben muss schon am Ende der Woche gesendet werden, somit wartet nicht nur eine lange Reise, sondern auch eine anspruchsvolle Aufgabe auf mich. Ich will versuchen, im Abstand von zwei oder drei Tagen meine Erfahrungen und Fotos hier einzustellen. Ich freue mich auf Fragen und Anregungen. Im Gepäck sind die Sony EX3 und die GoPro HD.

Samstag, 26.02.11

Zeit für eine Zwischenbilanz. Die fast achtminütige Reportage für die Deutsche Welle ist auf dem Weg nach Berlin. Ein Literatur-Café in Santiago ist mein „Uplink“. Eine Stunde Upload sind ok, das Macbook ist im Stromsparmodus – somit sollte ich auch ohne Netzteil auskommen….

Ein Jahr nach dem Tsunami und Erdbeben – ich war zusammen mit der Producerin Valentina Gutierrez an der Küste in Constitución, im Landesinneren in Talca, Curepto und Chépica. Vor allem die Bereiche an der Küste, die neben dem Beben auch noch die Flutwelle überstehen mussten, sind auch heute noch arg gerupft. Dafür sind die Menschen umso gesprächsbereiter. Wir haben kaum mit „Offiziellen“ gesprochen, waren an den Schicksalen der Menschen interessiert. Und sie erzählten gerne und Erschütterndes. Die Unterkunft in Constitución war das einzig Schlechte – ich entdecke auch jetzt noch neue Insektenstiche, der Preis dafür, direkt am Fluss gewohnt zu haben.

Als schwierig stellten sich die Lichtverhältnisse heraus. Ich bin Sommersonne aus Spanien gewöhnt. Dennoch musste ich im Schnitt mehrmals die Korrektur benutzen. Es lag an den regelmäßigen Wechseln von Innen und Außen, dem Nichtbenutzen des Speichers und den unterschiedlichen Tageszeiten. Außerdem war der Kameramonitor irgendwie noch verstellt, so dass es teilweise eine echte Herausforderung war.

Wieder einmal hat sich das ordentliche Rode NTG-1 an der Kamera bewährt. Einige Interviews habe ich nur damit gemacht und das Resultat war absolut ok. Natürlich standen die Personen immer relativ nahe (ca. 1m) von der Kamera entfernt.

Um den Wechsel von der Küste ins Hinterland zu thematisieren, nutzte ich eine Fahrszene, gedreht mit der GoPro HD. Es ist schon etwas Feines, solch einen Winzling für besondere Einstellungen dabei zu haben. Mit dem bald erhältlichen Rückseitenmonitor wird es endlich einfacher, die Kamera gezielt auszurichten.

Das Wochenende habe ich nun frei, am Montag (28.02.) geht es in den Norden, nach Calama. Dort ist die größte Kupfermine der Welt, die Chuquicamata-Mine.

Die Herausforderung war hier zum einen der Staub (Schutzmasken, Brillen), zum anderen aber auch die Überlegung, wie man nun diese gigantische Mine übersichtlich darstellt. Ein Weitwinkeladapter wäre hilfreich gewesen. Ich half mir mit Schwenks aus. Ich bin vor allem aber gespannt, ob die Kamera den feinen Staub auf Dauer vertragen hat. Man kann sie kaum dagegen schützen. Beim Dreh selbst schlug sie sich jedoch tapfer.


Schwierig war für mich das Drehen mit der Schutzkleidung. Das Visier des Helms stieß regelmäßig gegen den Sucher (wackelnde Bilder), auch die Schutzmaske verhinderte eine Annäherung an die Kamera. Das war’s jedoch auch schon. Die meisten Probleme waren organisatorischer Art, da trotz langen Vorlaufs einige Verwalter ihres Bereichs quer schießen mussten. Stellt sich abschließend die Frage, ob eine solche Produktion selbstdrehtauglich ist? Ja, aber – lautet die Antwort. Sowohl die erste Erdbebengeschichte als auch die MInen waren technische Herausforderung. Dagegen ist der organisatorische Aufwand enorm, auch während des Drehs. Deshalb mein Rat an Selbstdreher bei größeren Projekten: Nehmt einen Producer zur Seite. Das spart viel Ärger und Ihr könnt Euch auf Bilder und Inhalte konzentrieren, ohne jeden Namen selbst mitschreiben zu müssen.

Da wären wir dann wieder bei dem, was ich gerne als VJ 2.0 bezeichne. Videojournalismus ist die Art, absolut flexibel zu arbeiten. Videojournalisten kennen ihre Grenzen und können sie dadurch weit verschieben. Videojournalismus heißt nach meiner Definition nicht, dass man immer allein unterwegs sein muss.

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Global VJ

Videojournalisten sind erfreulicherweise mittlerweile fester Bestandteil in der Fernseh- und WebTV-Landschaft. Aus gutem Grund. Wie flexibel VJs sind, durfte ich gerade für das Schweizer Fernsehen demonstrieren. Die Aufgabe: Reportagen und Live-Berichte für die WM-Sendung aus den Ländern der schweizer Gegner, also Spanien, Chile und Honduras.

Die komplette Ausrüstung (!)

Die Definition der VJ-Arbeit war, sendefertig per FTP anzuliefern. Die größten Herausforderungen warteten jedoch vor Reisebeginn: Ich würde wegen des Spielplans der WM nur jeweils drei Tage Zeit pro Land haben. Außerdem musste die Reportage, die am Vortag des Spieles laufen sollte, auch noch im Zusammenhang mit Fußball stehen. Ich brauchte also einen Producer vor Ort. Wieder zeigte sich, dass es weltweit noch immer an einer vernünftigen Datenbank für Producer mangelt. Einmal half mir ein Kollege weiter, das andere Mail kam der Kontakt über die Journalismus-Fakultät einer Uni zustande.

Ein weiteres Problem war die Zusammenstellung des Equipments. Nur ein Koffer, Stativ und Kamerarucksack. Mehr wollte ich nicht schleppen. Also blieben Scheinwerfer ebenso zu Hause wie eine Winterjacke (für Chile).

In Spanien arbeitete ich der Bequemlichkeit wegen mit einem langjährigen Bekannten als Kameramann. Praktisch, dass die EX3 einen SDI-Anschluss hat. Denn plötzlich fehlte eine Kamera für die Live-Schalten. Die EX3 schlug sich anstandslos.

Weiterflug nach Chile. Gut 20 Stunden später stand ich in Concepción, 500km südlich der Hauptstadt Santiago. Producer Christian zeigte mir die ersten vom Erdbeben zerstörten Häuser. Am nächsten Tag ging es Richtung Küste. Dort hatte der Tsunami unter anderem ein historisches Fußballstadion zerstört. Wir sprachen mit dem Bürgermeister, einem ehemaligen Nationalspieler und Betroffenen aus der Nachbarschaft.

Erst ein kleiner Teil der zerstörten Häuser wurde abgerissen

Am Abend musste ich die Reportage noch schneiden, da sie wegen der Zeitverschiebung schon in der Nacht per FTP überspielt werden musste. Allerdings war ausgerechnet die Internetleitung des kalten Hotels die Schwachstelle. Mehrfach musste ich neu ansetzen. Erst am frühen Morgen klappte es, ich hatte kaum geschlafen. Die Internet-Geschwindigkeit ist immer wieder die Achilles-Ferse solcher Produktionen. Man kann sie nur schwer erfragen, da in den Hotels kaum jemand weiß, was der Upload ist. Daher ist es ratsam, Zeit für die Suche einer Alternative (mobiles Internet, Internetcafe) zu haben.

Weil es keine Möglichkeiten für Live-Schalten gab, mussten wir uns am Spieltag mit einem Stand-up und dem Überspiel per FTP aushelfen. Das bedeutete, die Fans beim Spiel zu beobachten, dann schnell den Stand-up aufzunehmen, als H264-Datei zu verpacken und zu verschicken. Glücklicherweise war direkt nebenan ein Internet-Cafe, das viermal schneller war als die Leitung im Hotel.

Am selben Tag gab es noch ein kurzes Stück mit Reaktionen auf das Spiel, das ich im fast leeren Restaurant des Hotels schnitt und dann ebenfalls aus dem Internet-Cafe überspielte. Am Abend saß ich im Flugzeug nach Santiago, um in der Nacht weiter nach Honduras zu fliegen.

13 Stunden später wartete Producer Noel am Flughafen auf mich. Die Einreise- und auch die Zollformalitäten waren kein Problem. Ich hatte mit einem Schreiben des Senders vorgesorgt. Darin stand, dass ich mit meinem Equipment nur wegen der Fan-Berichterstattung im Land war. Doch am Ende interessierte sich niemand dafür.

Die Arbeit in Honduras unterschied sich insofern von Spanien und Chile, dass ich am nächsten Tag beim Dreh im Armenviertel von zwei bewaffneten Polizisten geschützt wurde. Angesichts der Tatsache, dass aber selbst der Getränkefahrer von einem Mann mit Schrotflinte begleitet wurde, eine notwendige Maßnahme. Ansonsten war der Dreh mit Schulkindern auf einem Bolzplatz fast problemlos. Es schwang zwar immer der Gedanke an die latente Gefahr mit, doch ist das im Land mit der höchsten Mordrate pro Einwohner wohl normal. Ärgerlich war nur der Bruch der Stativspinne, der den Dreh etwas komplizierter machte. Der Producer war jedoch so freundlich, das Teil notdürftig aber erfolgreich zu reparieren.

Der Schnittplatz in Tegucigalpa

Die angenehme Überraschung war die schnelle Internetverbindung, mit der das Überspiel der geschnittenen Reportage vom Hotel aus zur Frage von ein paar Minuten wurde. Selbst zehn Minuten Rohmaterial, das die Kollegen in Südafrika für eine Geschichte brauchten, waren in einer Stunde überspielt. Am Spieltag selbst kam die EX3 wieder als Livekamera zum Einsatz, sogar im NTSC-Modus. Die Position richtete ich mit Hilfe des Producers aus, dann stellte ich mich vor die Kamera.

Wie bei den zwei Stationen zuvor, machte ich auch in Honduras einen Beitrag zu den Reaktionen auf das Spiel. Weil die Schweiz ausgeschieden war, endete meine Reise damit. Am nächsten Tag flog ich über Houston zurück.

Das Produktions-Fazit dieser Tour ist durchweg positiv. Das Equipment hat fehlerfrei funktioniert. Die Arbeit mit den Producern war ein wesentlicher Teil des Erfolges. Die Vorbereitung von der Auswahl der Flüge bis zur Recherche möglicher Themen war eine Basis für das Gelingen. Lediglich die fehlende Winterjacke machte gerade den Aufenthalt in Chile zu einer feucht-kalten Nerverei. Die unterschiedlichen Zeitzonen und die langen Flüge hinterließen natürlich ihre Spuren. Doch außer einer leichten Erkältung hielt auch der Körper stand. Zum Schluss lohnt sich noch der Hinweis auf die Definition des Videojournalisten. Alle Prozesse weitgehend zu beherrschen, ist die Voraussetzung, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Alles allein zu machen, ist daher nicht immer der beste Weg. Der Producer ist die ideale Ergänzung des VJ für Projekte in Regionen, die man nicht täglich bereist.

Die Videos:

Wesentliche Elemente des Equipments:

Kamera: PMW-EX3 (drei Akkus, 2x32GB Karten, 3x16GB Karten)

Sachtler/Manfrotto-Stativ

Ansteck- und Handmikro

Kopflicht

MacBook Pro mit FinalCut

Audiobox Edirol UA-25

AKG Headset

externe Raid-Festplatte 500GB

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