Für alle, die nicht bis zum Ende lesen wollen: Die Kamera überzeugt. Nachdem das erste Modell bereits nach wenigen Tagen wieder zu Sony musste, da der manuelle Fokus gelegentlich aussetzte, habe ich nun seit einer Woche eine neue Sony PMW-EX3, die nun auch fehlerfrei funktioniert.
Im Netz gibt es ausführliche Details über die Kamera, sowohl als Text als auch als Video. Somit möchte ich mich nur auf die Frage konzentrieren, ob diese Kamera für Videojournalisten taugt. Mein Faible für größere Kameras (JVC HD 101E) setzt sich auch bei der EX3 fort. Die kleine Schwester EX1 ist kompakter und wer nur mit Bus und Bahn zu den Drehs fährt, hat mit der kleinen Schwarzen sicherlich mehr Freude.
Platz für Zubehör
Eines meiner Argumente für den Kauf der EX3 ist jedoch zum einen der Vorteil, dass ich die Kamera auch längere Zeit auf der angedeuteten Schulterstütze balancieren kann und zum anderen ist es die Möglichkeit, eine Funkstrecke oder die Festplatte PHU-60K auf einem zweiten Blitzschuh unterzubringen. Das bedeutet auf jeden Fall ein Problem weniger. Die EX3 hat auch einen schwenkbaren Zoomgriff, so dass man auch mit Ihr schön aus der Hüfte drehen kann. Insgesamt macht die Kamera einen besser ausbalancierten Eindruck als ich es nach Posts aus manchem Forum erwartet hatte. Im Vergleich zu der JVC HD 101 ist die EX3 kompakter bzw. das Objektiv ist näher am Körper. Das hat den Vorteil, dass man Interviews tatsächlich auch aus der Hand drehen kann, ohne sich verrenken zu müssen, damit das Mikro mit im Bild ist. Wichtig dafür ist auch der hochklappbare und sogar abnehmbare Sucher, der einen hoch auflösenden Monitor frei legt. Interviews, besser gesagt O-Töne, werden damit einfacher realisierbar.
Da ich regelmäßig auch Aufsager mache, mich also vor die Kamera stelle, gilt ein besonderes Augenmerk dem Autofokus. Hinstellen, ausrichten und losdrehen – so hatte ich mir das gewünscht, so einfach ist es nicht, doch fast. Der Autofokus lässt sich im Freien natürlich schnell ablenken, je nach Licht pumpt er dann auch, wenn man nicht gerade das gesamte Bild einnimmt. Die Lösung: Push AF per Fernbedienung. Die ersten Tests in der Laborumgebung (Wohnzimmer) waren sehr erfreulich. In den nächsten Wochen teste ich das Verfahren dann mal im Alltag. Es gibt allerdings noch eine Möglichkeit. Wenn man weiß, wie weit man von der Kamera entfernt ist, stellt man die Schärfe im Sucher mit der dort angezeigten Entfernungsskala ein.
Ansonsten bleibt mir das zu berichten, was auch woanders schon steht. Die Knöpfe an der richtigen Stelle, nach den V-mount-Akkus der JVC bin ich mit den kompakten Energieklötzen glücklicher. Die Kombination mit der Bebob Lux-Led-Leuchte ist ebenfalls passend, auch wenn die Leuchte im Vergleich zur alten Lux-DV doch deutlich dicker ist. Weil ich nicht immer alles allein drehe, ist diese Kamera praktischer, da Kameraleute sich durch die Ergonomie schneller mit ihr anfreunden als vielleicht mit der EX1. Der erste Dreh mit 2. Mann ging reibungslos über die Bühne – und das bei weniger als drei Minuten Einweisung.
Überdosis für Fernsehdrehs?
Da ich für das europäische Fernsehen drehe und noch keiner meiner Kunden in HD sendet, stand die Frage im Raum, was von dem so schönen HD-Material übrig bleibt, wenn es auf SD runtergerechnet wird. Details und die Lichtstärke (durch die 1/2“-Chips) überleben den Prozess. Die Wandlung der ersten Sequenzen in Avid Liquid 7.2 zeigt, dass man nicht nur „Perlen vor die Säue wirft“, wenn man mit einer HD-Cam SD Produktionen macht, sondern tatsächlich ein subjektiv schöneres Resultat dabei herauskommt.
Zum Schluss ein paar Kritikpunkte aus der Erfahrung der ersten Tage:
Tele könnte besser sein (doch immerhin kann man das Objektiv wechseln).Die kompakte Bauweise macht auf dem Stativ das typische Übergreifen mit der linken Hand zur Zoomwippe nahezu unmöglich (ich habe deshalb eine Zoomwippe dazugekauft).
Im zweiten Teil geht es dann um den Workflow mit der Kamera. Darin mehr zu Erfahrungen mit den Schnittsystemen Avid Liquid 7.2 und Final Cut Pro.
Die erste Reportage mit der EX3 ist hier zu sehen: n-tv Auslandsreport
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