Videojournalist als Teil eines Teams

Gepostet am 22. September 2006

Einsatzort Israel. Als der Chefredakteur mir dieses Angebot am Telefon nannte, schluckte ich. Katastrophen kannte ich, Krieg jedoch aus gutem Grund nicht. Schnell wurde aber klar, dass ich diesen Auftrag nicht ablehnen konnte. Es ging nicht um die Front, sondern um die Folgen des Krieges im Land. Eine Woche Sondersendungen – täglich etwa 23 Minuten. Aus Israel Moderationen, eine Reporterschalte von wechselnden Orten und eine aktuelle MAZ. Wir würden somit etwa die Hälfte dieser 23 Minuten zuliefern, die andere Hälfte käme von anderen Reportern und würde in der Redaktion in Köln erstellt.

Das Besondere an dem Projekt: Ein Dreier-Team (Reporter, Producerin und Moderator) ohne SNG, dafür mit Kamera und Laptop. Das Zauberwort aber hieß FTP, es ging also um das Überspiel von Bildern über das Internet. Fünf Jahre nach dem ersten Versuch bei n-tv stand nun eine Probe bevor, die über Revolution oder Ernüchterung entscheiden sollte. Hätte das Internet schon jetzt das Zeug, den teueren Satelliten zu verdrängen?

Jeder Tag hatte seine Deadline. Unsere Elemente sollten gegen 17 Uhr deutscher Zeit auf dem Server liegen, wir mussten also um 15 Uhr (16 Uhr israelischer Zeit) mit dem Überspiel beginnen. Die Schwachstelle war, wie bei jeder herkömmlichen Produktion, der Überspielort. So, wie man bislang oft mühsam nach einem Studio oder einer SNG suchen musste, hieß es jetzt, einen Internetzugang zu finden, der potent genug war. Aus der Erfahrung hatte ich die Mindestanforderung auf 400 Kilobit Upload (Versandgeschwindigkeit) festgelegt.

Der schon von zu Hause aus aufgespürte Hotspot in einem Fünf-Sterne-Hotel erwies sich entgegen der Versprechen als zu langsam. Was nun? Per Zufall fanden wir eine schnelle Leitung bei einer gemeinnützigen Organisation, über die wir unser erstes Thema drehten. An der Grenze zum Libanon, in Kiryat Shmona, war es eine Firma, die uns durch persönliche Kontakte ihren Internetzugang bereitstellte. Nur in Jerusalem hielt dann eines der besten Hotels am Platze sein Versprechen, und so konnten wir mit fast einem Megabit überspielen.

Bis zu 12 Minuten pro Tag über das Internet überspielen – eine Herausforderung, die nur dadurch erreicht wurde, dass sämtliche Möglichkeiten der Technik genutzt und logistisch gedacht wurde. Auf dem Rücksitz des Autos hatte ich das Material bereits digitalisiert und teilweise auch schon geschnitten. Während bis zu sieben Minuten Moderationen ihren Weg nach Köln nahmen, blieb etwa eine Stunde Zeit, auf dem selben Laptop die MAZ zu texten und zu vertonen – papierlos versteht sich. Um die Moderationen in nur einer Stunde überspielen zu können, mussten die Dateien kleiner werden als gewöhnlich, der Datenstrom bei der Erstellung der MPEG2-Datei musste also reduziert werden. Übertragen heißt das etwa, es steht ein engerer Schlauch zur Verfügung, durch den die Bildinformationen geschickt werden und am Ende (in der MPEG2-Datei) kommt somit weniger an. Bei Bildern mit Bewegung würde so etwas die typischen Schlieren oder andere Bildfehler zur Folge haben. Bei den statischen Moderationen sah der Zuschauer nichts davon.

Nach fünf Sendungen war die Begeisterung auf allen Seiten groß. Keine nennenswerten Probleme, weder in Israel noch in Köln, sorgten dafür, dass alle eine Revolution erlebten. Ein perfektes Team gepaart mit angepassten Eigenschaften des Videojournalismus und einer zuverlässigen Technik machte diesen Field-Einsatz möglich.

2 Kommentare

  1. Die Kodierung hängt immer mit der Bewegung im Bild zusammen. Die Moderationen habe ich mit etwa 5 Mbit und die MAZen mit 7 Mbit kodiert. Es gibt vor allem bei den Modertionen aber noch Spielraum nach unten.

  2. Spannender Bericht. Mich würde mal interessieren, mit wieviel MBit Du die Moderationen kodiert hast. Und wurden die MAZen auch mit dieser reduzierten Bitrate kodiert?

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