VJ: Eine Frage der Haltung
Thomas Majchrzak schreibt über die Haltung der Videokamera
Unter Videojournalisten wird häufig diskutiert, wie man denn eine kleine Kamera richtig und wackelfrei halten kann. Erste Voraussetzung ist natürlich eine ruhige Hand bzw. ruhige Körperbewegungen, wo nur gilt: Übung macht den Meister. Doch es gibt mehrere Techniken, die bei der Handhabung helfen.
Hier filme ich für den Regionalsender wm.tv den Beitrag „Cocktailtaxi“ mit einer Panasonic DVX100, übrigens ohne Kopfhörer, weil ich dem Ausschlag auf dem Display traue – gewiss keine goldene VJ- Regel, aber bei Drehs ohne empfindlicher Ansteckfunke ist mir bisher noch kein Tonfehler passiert. Eigentlich ist die Kamera am ruhigsten, wenn man sie unten vor dem Bauch wie eine Salatschüssel hält. Aber das ist nur bedingt für alle Situationen geeignet, weil die Kameras nun mal so ausgelegt sind, dass man sie mit der einen Hand in der Schlaufe trägt – um alle wichtigen Funktionen bedienen zu können. Daher hier der Kompromiss: eine Hand in der Schlaufe, bei der anderen Hand bei ausgeklappten Display vorsichtig den Daumen unter dem Display abstützen, die restliche Hand hält die Kamera von unten. Auf der bild-abgewandten Seite sieht man übrigens ein Kabel neben der Trageschlaufe, das ist das Kabel der Sennheiser-Funke, die ich an der Kameraschlaufe trage. Dann muss ich nicht oben den Schuh benutzen und kann z.B. noch ein Licht aufstecken.
Hier bin ich auf einem Dreh für den WDR, Lokalzeit im Revier, Beitrag „Elektrocrosser“. Um sicher ruhige O-Töne drehen zu können, aber schnell auch flexibel zu bleiben, verwende ich ein Einbein- Stativ von Manfrotto. Kamera: eine alte Canon XM1, die aber noch gute Dienste leistet. Da sie nur eine Tonspur hat, ist hier Abhören mit Kopfhörer ein absolutes Muss. Mit diesem Stativ und der leichten Kamera ist mir das Kunststück gelungen, WÄHREND der Fahrt den Crossfahrer zu filmen, so dass es aussieht wie eine Helmkamera, aber eben doch nicht genau wie eine Helmkamera.
Es hatte auf jeden Fall den gewünschten Effekt, dass sich die Leute fragten: Wie zum Teufel hat er das gefilmt? Auch die First-Person-Aufnahmen vom Motorrad sind auf eine ähnliche Weise entstanden. Ich habe mich hinter den Fahrer aufs Motorrad gesetzt, meine Füße auf den Fußrasten abgestützt, das Stativ mit Kamera in einer Hand gehalten und mich mit der anderen Hand festgehalten. Da es sich um ein Elektromotorrad handelte, brauchte der Fahrer seine Füße nicht zum Schalten. Ein anderes Beispiel von extremer Kamerahaltung zeigt dieser Film:
Im Flugzeug filme ich den Piloten (mit einer Hand), während ich in der anderen Hand ein normales externes Mikrofon halte. In diesem Fall hatte ich im engen Cockpit gar kein Stativ zur Verfügung. Hier hieß es einfach nur: Konzentration und ruhig halten! Mein Tipp dabei: Eine Balance zwischen Lockerheit und Anspannung finden. Denn zu viel Anspannung bedeutet zittern und damit ruckeln im Bild. Zu lockere Handhabung aber bedeutet große Schwankungen im Bild. Mit ein bisschen Glück hat diese Aufnahme genau die Mitte getroffen.
Die Haltung ist Qualität! Das ist keine Frage. Beim Betrachten von Video achte ich darauf ob ich als „Zuschauer“ dem Menschen auf Augenhöhe sehe. Und immer öfter tue ich es nicht. Unschöne Nasehaare, Doppelkinn usw. tuen sich auf und somit eigentlich Dinge ich nicht wissen will über den Gesprächspartner. Nun braucht man auch Licht und Ton! Der Funkempfämger an der Kamera, das Kopftlicht (evt. sogar mit Akku am der Lampe!) auf der Kamera und die Kamera sackt immer tiefer ab! Nun bin ich kein Kind von Traurigkeit und die Tatsache, dass ich meine XH-A1 + 3 Akkus mit SachterReporter 50 Licht, Beltpack 1245 und Ladegerät, 2+Sennheiser K3 Sets, mit ew 500 Funke in meiner PortaBrace „mitschleppe“ zeigen das ich mich nicht vor Gewicht scheue. Viele VJs haben mir gesagt: „Es ist alles nur eine Frage der Technik, die Kamera (keine Schultercam) auf Augehöhe zu halten! Bei genau diese Leuten sehe ich dann Nasehaar und Doppelkinn – TV! Selbstverständliche sind mir die 5 Kamerapositionen bekannt und arbeite auch mit Ihnen. Aber Interviewpartner immer nur untersichtig darzustellen, zeigt mir nicht gerade das Fassettenreichtum der Kameraperspektiven! Erst seit ich mit dem DVRig arbeite habe ich keine Wackelbilder mehr und die richtige Höhe (Augenhöhe!) Für alle Aufnahmen wo das DVRig zu sperrig ist, kann man die Kamera ja auch mittels Schnellverschluss wieder lösen, hat dann jedoch auch einen ruhige Hand da diese nicht „müde“ ist.